Haltung II: Goldfischs Wünsche
Abb. 1: Goldfischglas und Seerosenarrangement in den frühen 1930er Jahren.
Katalogillustration der Three Springs Fisheries (1932)
Das primitivste Aquarium ist das Goldfischglas, welches aber, wie hier gleich bemerkt werden soll, durchaus nicht empfohlen werden kann. Die Form ist ungeeignet, da es zu klein ist, weil es gerade da, wo die Luft sich auflagert, die kleinste Fläche darbietet, so daß Sauerstoffmangel eintritt. Die Tiere können sich nur schlecht darin bewegen, auch entspricht die runde Form des Goldfischglases nicht, weil die Tiere nicht in ihrer wahren Gestalt, sondern durch die Strahlenbrechung entweder vergrößert oder verzerrt erscheinen. Es kann als wahre Martergrube bezeichnet werden, und sollte, schon vom Standpunkte des Tierschutzes betrachtet, nicht zuzulassen sein.
Abb. 2: Goldfischkugel. Zimmerschmuck aus dem 19. Jahrhundert.
Colorierter Stich, Frankreich (ca. 1880)
Die erste Frage, welcher wir bei der Einrichtung eines Aquariums näher treten müssen, ist die nach einem geeigneten Behälter. Es wäre ergötzlich, wenn es nicht so traurig wäre, zu beobachten, wie gerade in diesem Punkte so weit vorbeigegriffen wird. Da sieht man die unglaublichsten Behälter, in denen Goldfische in stetem Kampfe mit dem Erstickungstode mühsam ihr Leben fristen. Unsere üblichen Goldfischgefäße sind solche Marterkästen für diese unglücklichen Opfer der Naturliebhaberei. Abgesehen von den Schusterkugeln, in denen man auch manchmal kleinere Exemplare des Goldfisches findet, gibt es wohl kaum ein Gefäß, welches ungeeigneter zum Aufenthaltsort von Fischen wäre als die so beliebten Goldfischhäfen.
Seitdem die Aquarienliebhaberei sich mehr und mehr verbreitet hat, findet man nur noch selten das früher allgemein übliche Goldfischglas, jenen Marterkasten, in dem die Fische infolge der Unkenntnis sachgemäßer Behandlung und aus Mangel an Sauerstoff dahinsiechten und elend zugrunde gingen. Daß es hierin besser geworden ist, dies Verdienst kann sich die Aquarienliebhaberei gutschreiben; sie hat viel durch Wort und Schrift für die Aufklärung getan und sich viele treue Freunde erworben, und täglich werden neue gewonnen.
But those days have gone for ever. The day of the sixpenny goldfish in the sixpenny bowl is over. It is as well; for a goldfish in a bowl may sound an innocent enough ornament, yet, in reality, it compares unfavourably with the Black Hole of Calcutta.
Geradezu ein Haustier unter den Fischen ist der allgemein bekannte Goldfisch, der — fast möchte man sagen leider — infolge seiner Härte auch in völlig unzweckmäßigen Behältern wie der heute längst verpönten Goldfischglocke noch sein Dasein zu fristen vermag. […]
… und wir wissen, daß dieser Fisch sich nur dann wirklich wohl fühlt, wenn er, gemäß seiner Größe, einen nicht zu kleinen Behälter hat, in dem grünende Pflanzen und nach Möglichkeit eine stets feinperlende Durchlüftung ihm die notwendigen Lebensbedingungen gewähren. Dann wird man erst wirklich seine Freude an dem Goldfisch haben, wenn man ihn pflegen will.
Abb. 3: Fish Bowl, style “S”. Aus dem Angebot einer US-amerikanischen Fischzüchterei in den 1930er Jahren.
Katalogbild der Three Springs Fisheries (1932)
Goldfischglocke. Naturwidriges Gefäß zur Haltung von Goldfischen, das möglicherweise gewissen chinesischen Behältern nachgebildet ist, die jedoch bedeutend weiträumiger sind. Die G. ließ infolge des engen Halses keine Bepflanzung zu und behinderte den Gasaustausch, so daß die darin gehaltenen Fische gezwungen waren, in qualvoller Körperhaltung den notwendigen Sauerstoff zur Atmung von der Wasseroberfläche aufzunehmen.
In vielen Bilderwitzen schwimmt er in einem schönen, runden Goldfischglas. Der arme Goldfisch. Wir sollten diese Anregung als das sehen, was sie ist: ein schlechter Scherz!
Bei diesem Anblick kommen einem Aquariumliebhaber die Tränen. Aber leider gibt es heute auch noch sogenannte Fischliebhaber, die sich ein Glas mit einem Goldfisch kaufen und es als schick betrachten. […]
Nein, Goldfische gehören — wie alle anderen Fische, die wir pflegen — in ein verhältnismäßig geräumiges Aquarium oder in einen Teich, in dem sie sich gut bewegen können. Schließlich gelten für sie die gleichen Pflegegesetze wie für andere Aquarienfische.
Es ist jetzt an der Zeit, von einem Marterinstrument zu sprechen, das trotz vieler öffentlicher Mahnungen, Warnungen und Proteste seit weit über hundert Jahren und bis zum heutigen Tag produziert und vom Fachhandel angeboten wird: die Goldfischglocke. Auch Händler, die sonst als vorbildlich und verantwortungsbewusst gelten, führten und führen diese Qualvase unbeirrt in ihrem Sortiment. Es ist unverständlich, dass der sonst so hyperaktive Tierschutz ein Herstellungs- und Verkaufsverbot meines Wissens nie zu erreichen versucht hat.
Goldfischgläser sind nicht so schlecht wie ihr Ruf,
sofern der Goldfisch draussen bleibt.
Dokument vom 12. September 2006
Alle Rechte vorbehalten. © N.M. 2006