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Biologie I: Systematik und Ökologie

Beschreibung des Goldfisches und seiner nahen Verwandten

Bei den Arten dieser, Cyprinidae genannten, Fischfamilie ist der Körper gewöhnlich mit Schuppen bedeckt, der Kopf jedoch nicht. Der Mund ist zahnlos, dagegen finden sich auf den unteren Schlundknochen […] eine oder auch mehrere Zahnreihen.

(Kuhn, o. J.)

Wie schon im Kapitel Geschichte beschrieben, kamen die ersten Goldfische im Laufe des 17. Jahrhunderts nach Europa. Da die Geschichte der Naturwissenschaft bis heute mit einer sehr eurozentrischen Betrachtensweise behaftet ist, beginnt damit auch erst die naturwissenschaftliche Geschichte des Goldfisches. Dabei wurden teilweise die Berichte der Chinesen über ihren Chi yu schlicht ignoriert oder gar als nicht zutreffend abgetan. Wie Kuhn (o. J.) berichtet, bestritten europäische Naturwissenschaftler, daß Goldfische hören können, obwohl nicht nur chinesische Erzählungen über mittels Glöckchen zur Fütterung gerufene Goldfische zur Verfügung standen, sondern auch einfache Dressurversuche dies hätten belegen können.

Auf der vorhergehenden Seite Einordnung des Goldfisches in die Systematik wurde bereits dargestellt, daß man heute in der Gruppe der Cyprininae (Echte Karpfen) nur noch zwei Gattungen zusammenfaßt: Die Karpfen Cyprinus mit der mittlerweile nur einzigen Art Cyprinus carpio Linnaeus, 1758 (Karpfen) und die Karauschen Carassius mit den zwei Arten Carassius carassius (Linnaeus, 1758) (Gewöhnliche Karausche) und Carassius auratus (Linnaeus, 1758) (Silberkarausche).

Diese kleine Gruppe der Cyprininae (Echte Karpfen) besteht aus mittleren bis großen Karpfenfischen mit hohem bis sehr hochrückigem Körper, end- oder halbunterständigem Maul und großen Schuppen. Die Schlundzähne sind ein- oder dreireihig, Rücken- und Afterflosse haben einen verknöcherten und gesägten letzten unverzweigten Flossenstrahl.
Von der Gattung Cyprinus (Karpfen) läßt sich die Gattung Carassius (Karauschen) folgendermaßen unterscheiden: Karpfen haben am Maul Barteln, Karauschen nicht; Karpfen haben dreireihige Schlundzähne, Karauschen haben einreihige, stärker zusammengerückte Schlundzähne.

„Unsere“ Karpfen Cyprinus carpio stammen ursprünglich aus dem Einzugsgebiet des Schwarzen und Kaspischen Meeres; sie sind von dort über Zentralasien bis nach Ostasien verbreitet. Als beliebter und wirtschaftlich bedeutender Teichfisch hat der Karpfen in ganz Europa Verbreitung gefunden. Er wird bis zu 80 cm lang (in Ausnahmefällen bis zu 120 cm). Der Karpfen kreuzt sich leicht mit der Karausche. Die Nachkommen haben zwei Paar sehr kurze Barteln, wachsen langsamer als Karpfen und sind gewöhnlich unfruchtbar.

Abb. 1a: Karpfen -- karper.jpg (7 kB) Abb. 1b: Spiegelkarpfen -- spiegelk.jpg (7 kB)

Abb. 1a: Karpfen Cyprinus carpio. Der Wildkarpfen ist von Osteuropa bis Ostasien verbreitet. Der auf Fleisch gezüchtete Schuppenkarpfen ist hochrückiger als der Wildkarpfen.

Abb. v. J. Voerman jr.
(Portielje, 1925)

Abb. 1b: Spiegelkarpfen. Diese alte Zuchtform hat nur wenige große, unregel­mäßig verteilte Schuppen, die sogenannten Spiegelschuppen (welche sich auch bei einigen Kois finden).

Abb. v. J. Voerman jr.
(Portielje, 1925)

Der Wildkarpfen ist die Stammform der verschiedenen hochrückigeren (auf Fleisch gezüchteten) Speisekarpfen: Schuppenkarpfen (hochrückig, sonst dem Wildkarpfen ähnlich), Spiegelkarpfen (nur wenige und große, sogenannte Spiegelschuppen unregelmäßig auf dem Körper verteilt), Zeilkarpfen (auf dem Rücken und zeilenweise auf den Seiten entlang der Seitenlinie und der Schwanzwurzel Spiegelschuppen) und Lederkarpfen (auch Nacktkarpfen genannt; nur auf dem Rücken Spiegelschuppen oder sogar vollständig unbeschuppt). Außerdem stammen vom Wildkarpen die rotgoldenen oder mehrfarbigen Farbkarpfen Koi ab. Als Ausgangstiere dienten die jeweiligen osteuropäischen (Speisekarpfen) und ostasiatischen Unterarten (Zierkarpfen).

* Abb. 2c: Lederkarpfen -- lederkar.jpg (6 kB) * * Abb. 2d: Farbkarpfen -- hi-goi.jpg (6 kB) *

Abb. 2c: Lederkarpfen. Bis auf einige Spiegelschuppen am Rücken weit­gehend schuppen­los. Eine ähn­liche Form mit einer weiteren Schuppen­reihe entlang der Seiten­linie nennt man Zeil­karpfen.

Abb. v. J. Voerman jr.
(Portielje, 1925)

Abb. 2d: Asiatischer Farbkarpfen (Koi). Aus der ostasiatischen Unter­art züch­te­te man den Zier­karpfen Koi, der sich in der Färbung, nicht aber in der Körper­form vom Wild­karpfen unter­scheidet.

Abb. v. J. Voerman jr.
(Portielje, 1925)

Die beiden Karauschen Carassius carassius und Carassius auratus kamen ursprünglich nicht in ein und der selben Region vor. Die Verbreitung durch den Menschen einerseits und die (in ihren Ursachen noch nicht endgültig geklärte) Ausbreitung des Giebels nach Westen hat dies aber geändert. Die beiden Arten unterscheiden sich folgendermaßen:

Die Gewöhnliche Karausche C. carassius ist messingfarben bis schmutzig grün mit hellem Bauch und hat in der Jugendform (sowie in der unten beschriebenen Kümmerform) einen dunklen Fleck auf dem Schwanzstiel. Die Anzahl der Schuppen entlang der Seitenlinie beträgt 32 bis 35, die Anzahl der Reusendornen auf dem vordersten Kiemenbogen beträgt 22 bis 33. Der Rand der Rückenflosse ist leicht nach außen gebogen (konvex), wodurch sie sich im Zweifelsfall eindeutig vom Karpfen und der Silberkarausche unterscheidet. Der 3. (letzte) unverzweigte Strahl der Rückenflosse ist fein gezähnt. Mit bis zu 40 cm wird C. carassius etwas größer als C. auratus, aber nicht so schwer (bis 1 kg).
Die Gewöhnliche Karausche lebt in der Uferzone unterschiedlicher stehender Gewässer, in Altarmen und Tümpeln der Flußunterläufe und in Sümpfen; sie hält sich meist in der Nähe des Grundes auf. Ihr Verbreitungsgebiet reicht von Mitteleuropa (England, Nordost-Frankreich) bis in die gemäßigten Gebiete Mittelasiens und grenzt in Mittelasien nördlich an das der Silberkarausche.
Die Nahrung der Gewöhnlichen Karausche besteht hauptsächlich aus kleinen wirbellosen Wassertieren: größere Wasserflöhe, Zuckmückenlarven (Chironomidae), Wasserschnecken, aber auch pflanzliche Kost wird gefressen.

* Abb. 3b: Silberkarausche -- giebel.jpg (7 kB) *

Abb. 3b: Silberkarausche Carassius auratus. Die westliche Unterart wird Giebel genannt und breitet sich immer weiter nach Westen aus.

Abb. v. J. Voerman jr.
(Portielje, 1925)

Die Silberkarausche C. auratus ist auf dem Rücken dunkelgrünbraun bis schwarzgrau gefärbt mit deutlichem Silberglanz an den Seiten. Das Epithel der Bauchhöhle ist schwarz pigmentiert. Die Anzahl der Schuppen entlang der Seitenlinie beträgt 26 bis 31, die der Reusendornen auf dem vorderen Kiemenbogen 40 bis 53. Die Rückenflosse ist leicht nach innen gebogen (konkav); der 3. (letzte) unverzweigte Strahl der Rückenflosse ist grob gezähnt. Sie wird 30 bis 35 cm lang und bis zu 1,2 kg schwer. Außerdem wird die Silberkarausche C. auratus nicht so hochrückig wie die Gewöhnliche Karausche C. carassius, sondern ähnelt in der Gestalt eher dem Wildkarpfen, was wohl eine Anpassung an den Lebensraum ist: Anders als die Gewöhnliche Karausche lebt die Silberkarausche nicht nur in stehenden (Moore, Sümpfe, Seen und tote Flußarme), sondern auch in langsam fließenden Gewässern. Die Silberkarausche lebt in Ostasien vom Amurgebiet bis Hinterindien. In Japan ist sie wohl nur eingeführt. Die Nahrung der Silberkarausche besteht außer aus tierischen Komponenten auch aus einer relativ großen Menge an Wasserpflanzen, dementsprechend besitzt sie einen etwas längeren Darm als die Gewöhnliche Karausche.
Hinweise zum Giebel, der westlichen Unterart der Silberkarausche, entnehmen Sie bitte der vorigen Seite Einordnung des Goldfisches in die Systematik.

C.carassius ist eine der zählebigsten und anpassungsfähigsten Fischarten; sie erträgt einen hohen Grad von Verschmutzung und Sauerstoffmangel in ihrem Gewässer (sie ist in der Lage, durch Fettspaltung selbst Sauerstoff zu produzieren). Man trifft sie oft in kleinen, stark verkrauteten Tümpeln an, wo sie meist die einzige Fischart ist, die sich dort halten kann. Unter diesen schlechten Lebensbedingungen wächst sie jedoch sehr langsam, wird nicht länger als 12 cm und hat einen großen Kopf und Messerrücken. Dies ist die Teichkarausche oder Steinkarausche Carassius carassius m. humilis, während die „Normalform“, die in größeren Gewässern mit guten Ernährungsbedingungen schneller aufwächst, bis zu 40 cm lang wird, sehr hochrückig ist und auch als Seekarausche oder Tellerkarausche Carassius carassius carassius bezeichnet wird. Zwischen diesen beiden Formen gibt es jedoch stufenlose Übergänge.
Auch die Seekarausche ist „hart im Nehmen“: Ein als Vorlage für den Illustrator eines Fischbuches gefangener und betäubter Fisch lag mehrere Stunden in einer flachen Schale. Nachdem der Künstler die Zeichnung fertiggestellt hatte, wurde der sich inzwischen wieder regende Fisch zurück ins Wasser gesetzt, wo er nach wenigen Minuten unbeeinträchtigt davonschwamm (Muus & Dahlströhm, 1993).

Die Europäische Karausche wurde früher auch oft gegessen: Da sie nicht gezüchtet und wie der Karpfen mit Getreide angefüttert wurde, war sie besonders für die einfachen Leute ein beliebter Angelfisch und wurde daher auch Bauernkarpfen genannt. Als Speisefisch hat die Karausche heute an Bedeutung verloren.
Anders sieht es mit der Silberkarausche aus, die in Asien seit jeher zu Speisezwecken gefangen wird. In Asien bevorzugt man kleinere Fische als in Europa (auch Karpfen haben dort ein deutlich geringeres Schlachtgewicht), und die Silberkarausche wird auch heute noch häufig verzehrt und in Seen und Teichen ausgesetzt. Dabei spielt es auch keine große Rolle mehr, ob es sich um die Wildform oder einen Goldfisch handelt.

Bei vielen Fischen kommen immer wieder Einzeltiere mit einer xanthoristischen Mutation vor: Die dunklen, melaninhaltigen Farbzellen (Melanophoren) der oberen Hautschichten sind genetisch bedingt nicht vorhanden, so daß der Fisch durch die darunterliegenden gelbroten Farbzellen (Xanthophoren) eine goldfarbene Färbung annimmt (Farbzellen werden allgemein als Chromatophoren bezeichnet.). Der Xanthorismus wirkt sich (abgesehen von der auffälligen Färbung) nicht negativ auf die Fische aus; auch treten bei den Nachkommen immer wieder Wildfärbungen auf, denn der Vererbungsgang ist rezessiv.

Der Xanthorismus läßt sich als „Farbmißbildung“ bezeichnen; diesen Ausdruck schlägt Schäperclaus (1954) vor, da die entsprechenden Erscheinungen nicht als Krankheiten bezeichnet werden können.
Es wird deutlich, daß solche Veränderungen zwar genetisch bedingt sind, aber beim lebenden Tier doch Veränderungen unterworfen sein können: beim Goldfisch erfolgt z.  B. eine Umfärbung in der Jugendzeit.
Weitere Farbmißbildungen sind z. B. der Melanismus (Schwarzfärbung durch Bildung schwarzer Chromatophoren; oft unter dem Einfluß von Störungen), der Albinismus (teilweises oder vollständiges Fehlen von Farbzellen) und die Alampie (Unfähigkeit Glanzkristalle/Guanin zu bilden).

Xanthoristische Mutationen kommen besonders häufig bei Cypriniden vor, so z. B. bei der Schleie Tinca tinca (Goldschleie), dem Aland Leuciscus idus (Goldorfe L. idus aberr. orfus) und natürlich beim Karpfen und den Karauschen. Solche Mutationen hat man dann ja auch beim Karpfen (Koi), der Silberkarausche (Goldfisch) und dem Aland (Goldorfe) gezielt als Zierfische weitergezüchtet.

Abb. 5a: Schleie -- zeelt.jpg (6 kB) Abb. 5b: Goldschleie -- goudzeel.jpg (7 kB)

Abb. 5a: Schleie Tinca tinca in der Wildfärbung.

Abb. v. J. Voerman jr.
(Portielje, 1925)

Abb. 5b: Goldschleie, die rot­goldene Mutation von Tinca tinca

Abb. v. J. Voerman jr.
(Portielje, 1925)

Abb. 6a: Aland -- windvoor.jpg (8 kB) Abb. 6b: Goldorfe -- goudwind.jpg (7 kB)

Abb. 6a: Aland Leuciscus idus, ein relativ groß werdender Fisch (bis zu 50 cm) aus langsam fließenden Gewässern.

Abb. v. J. Voerman jr.
(Portielje, 1925)

Abb. 6b: Goldorfe, die xantho­risti­sche Mutation und beliebte Zucht­form des Alands. Die Goldorfe ist ein häufiger Fisch in Zierteichen.

Abb. v. Jac. J. Koeman
(Portielje, 1925)

Sowohl C. carassius als auch C. auratus können goldfarbene Exemplare hervorbringen. In Europa bezeichnet man goldene Gewöhnliche Karauschen als Goldkarauschen; ebenfalls werden aber auch die goldfarbenen Exemplare von C. auratus bisweilen als „Goldkarauschen“ bezeichnet. Um Verwechselungen und Irritationen zu verhindern, sollte man vermeiden, die Art C. auratus, deren Namensgebung seitens Linnaeus als „Goldkarpfen“ (Cyprinus auratus) sich ja ursprünglich auf die Zuchtform bezog, analog ihres wissenschaftlichen Namens als „Goldkarausche“ zu bezeichnen. Die Taxonomie ist hier wirklich geeignet, Verwirrung zu stiften. Zur Verdeutlichung noch einmal: „Goldkarauschen“ können sowohl bei der europäischen Gewöhnlichen Karausche C. carassius auftreten als auch bei der asiatischen Silberkarausche C. auratus (die wiederum ihren Namen „auratus“ = „golden“ von der Zuchtform Goldfisch erhielt).

Abb. 7a: Kometenschwänze -- goudvis3.jpg (7 kB) Abb. 7b: Teleskopschleierschwanz -- telescoo.jpg (7 kB)

Abb. 7a: Goldfische, hier kometen­schwänzige Formen vor Sumpf­schrauben Valisneria spec. Wie man sieht, waren auch die Flossen Objekt der Zucht.

Abb. v. Jac. J. Koeman
(Portielje, 1925)

Abb. 7b: Teleskopschleierschwanz. Außer der Farbe und der Flossen­form wurden bei Goldfischen auch Körper- und Augenform züchterisch beeinflußt.

Abb. v. Jac. J. Koeman
(Portielje, 1925)

Die Zucht hat die xanthoristische Färbung von C. auratus weiter ausgebaut: es wurden unterschiedliche Rot-, Gelb- und Goldtöne entwickelt, und im Zusammenhang mit den bereits von den Karpfen bekannten Spiegelschuppen, der Alampie (fehlendes Guanin, wodurch die Schuppen durchscheinend werden) und der gesprenkelten Kaliko-Formen sind die unterschiedlichsten Farbvariationen entstanden.
Damit nicht genug: Auch die Flossenformen wurden verändert: durch genetische Besonderheiten kommt es bei vielen Fischen hin und wieder zu verlängerten Flossen. Inzwischen wurden viele Aquarienfische diesbezüglich züchterisch bearbeitet: Guppys, verschiedene Cypriniden (Kardinalfische, Prachtbarben, Zebrabärblinge), Kampffische, ja sogar Skalare. Relativ selten sind aber Veränderungen in der Körperform. Solche findet man (abgesehen bei einigen neumodischen und bedenklichen Bastardisierungen bei bestimmten Cichliden) bisher nur bei Goldfischen und Speisekarpfen.

Eines jedoch sollte man bedenken: Viele natürliche Verhaltensweisen und Bedürfnisse haben sich auch durch die Zucht nicht verändert. Auch wenn sie Haustiere geworden sind, so sind sie doch Fische geblieben, die physiologisch und ethologisch noch sehr viel Gemeinsamkeiten mit ihren Vorfahren haben.


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http://goldfische.carassius-auratus.info/beschreibung.htm
http://goldfische.kaltwasseraquaristik.de/beschreibung.htm

Letzte Überarbeitung dieses Dokuments: 30.05.2003/04.04.2009
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