Schriftzug
---------------
Schriftzug

Zuchtformen II: Vorstellung der Zuchtformen

Sonstige Varietäten

Der Farb- und Formenauswahl sind kaum Grenzen gesetzt, es zählt der eigene Geschmack.

(Budin, 2006b)

Auf dieser Seite liste ich nun Zuchtformen auf, die aus verschiedenen Gründen nicht in das (deutlich fehlerhafte) System „Einfachschwänze“ oder „Schleierschwänze“ einzuordnen sind. Wenn Sie die Beschreibungen lesen, verstehen Sie, warum.

Die Beschreibung der einzelnen Formen orientiert sich überwiegend an den Ausführungen der Externe Website Bristol Aquarist's Society (BAS), von Teichfischer (1994), Bernhardt (2001) und Andrews (1987/'91).
 

Übersicht:



Grasgoldfisch, Japanischer Goldfisch

(jap.: Wakin)

Abb. 1: Grasgoldfisch, Wakin -- wakin.jpg (4 kB)

Abb. 1: Wakin: Diese „Ur­form“ des domestizierten Gold­fisches gibt es in unter­schied­lichen Körper­höhen und mit verschiedenen Schwanz­formen.

Wasserfarbenbild v. J. Urata (Matsubara, 1908)

Beschreibung: Es handelt sich um Goldfische mit gestreckter Körperform und kurzer, aber geteilter Schwanzflosse. Die Tiere sehen prinzipiell aus aus wie Normale Goldfische, können aber bereits deutlich hochrückiger sein. Verkürzt sind sie nicht; lediglich der Kopf kann in Ansätzen bereits das Domesti­kations­merkmal der „Vermopsung“ aufweisen. Die Form der Schwanz­flosse variiert von Fisch zu Fisch: sie kann lediglich in der unteren Hälfte geteilt, oben zusammengewachsen oder vollständig geteilt sein. Kurz wie ein Karpfenschwanz ist sie aber immer.

Dies ist eine besondere, in Europa wenig bekannte, aber nicht besonders seltene Variation. Aus dieser Mutation des Normalen (Einfachen) Goldfisches entwickelten die chinesischen Züchter die drei Grundformen + Drachenauge (Teleskopauge), + Eierfisch und + Schleierschwänze/Ryukin in Form des Schriftzeichens „Wen“ (s. a. Zuchtformen II: Klassifizierung).
Der Grasgoldfisch ist nicht standardisiert; er tritt immer wieder bei der Zucht + Normaler Goldfische oder auch bei der Kreuzung Normaler und „schleierschwänziger“ Fische auf. Entsprechend variabel sind die Tiere in ihren Merkmalen. Ihre Färbung ist üblicherweise metallisch; beliebt sind Tiere in Sarasa-Färbung (rot/weiß).

Der Name Wakin ist japanisch: Solcherart geformte Fische waren die ersten von China nach Japan importierten Goldfische. „Wa“ ist ein altes japanisches Wort für „Japan“, „Goldfisch“ heißt auf japanisch „Kingyo“: „Kin“ bedeutet „Gold“ und „gyo“ „Fisch“. Die Endung „gyo“ wird bei den Zuchtformen jedoch meist weggelassen (Teichfischer, 1994).
Trotz japanischem Namen ist dies eine ursprünglich chinesische Zuchtform: Sofern man bei dieser oft spontan auftretenden Mutation überhaupt von Züchtung sprechen kann, ist die geteilte Schwanzflosse vermutlich das erste Merkmal, welches in Gefangenschaft auftrat und somit als Domestikationsmerkmal zu werten ist (vgl. Kapitel Geschichte und Pederzani, 2004a).
Teichfischer nennt diese Tiere „Grasgoldfische“. Wie er auf diesen Namen kommt, entzieht sich meiner Kenntnis; ich finde diesen Namen schön, und ich verwende ihn lieber als den japanischen Namen (weil ich diese Zuchtform nicht als japanischen Fisch sehe).

Die erreichbare Größe kommt der des Normalen Goldfisches gleich; 30 bis 35 cm sind möglich. Da diese Tiere hier selten gezielt angeboten werden, bekommt man sie meist als kleine billige Massenfische; werden sie dagegen als Wakin angeboten, haben sie oft schon eine beachtliche Größe.
Haltung unkompliziert, auch für den Teich gut geeignet.
Persönliche Bemerkung: Ich mag diese Fische; sie sind aus historischer Sicht interessant und bringen etwas Abwechslung in ein Aquarium mit „Einfachschwänzen“ (s. Zuchtformen I: "Einfachschwänze"). Eine aus Japan kommende Stilrichtung relativ hochrückiger Fische mit nach unten abgewinkeltem Schwanz gefällt mir weniger. Das ist persönlicher Geschmack; die Tiere sind dennoch gut zu halten.

Schmetterlingsschwanz, Pfauenhahnschwanz, Pfauschwanz

(engl.: Peacocktail; jap.: Jikin, früher Kujaku/Kojaku)

Beschreibung: Körperform ähnlich dem Fantail: die Körperhöhe beträgt mehr als ½ der Körperlänge, und die Rückenflosse soll aufgerichtet gehalten werden; ihre Höhe beträgt 2/3 der Körperhöhe. Die Bauchflossen sind standardmäß genausolang wie die Dorsale; Brust- und Afterflossen sind kürzer. So die Angaben Teichfischers (1994) gemäß englischem Standard. Laut Externe Website Bristol Aquarist's Society (BAS) ist der Jikin in England nicht standardisiert, dort und bei mehreren anderen Autoren werden die Tiere meist als gestreckt und kurzflossig beschrieben und ähneln in der gestreckten Körperform dem + Wakin (vgl. auch die alten Bilder zum + Fantail / Fächerschwanz). Der Schwanzstiel ist im Querschnitt fast quadratisch. Das besondere Merkmal des Jikin sind Schwanzflosse und Färbung: Die Caudale ist geteilt, und zwar vollständig; linke und rechte Hälfte sind stark auseinandergedrückt und werden abgespreizt getragen. Am Schwanzstiel ist das Feld zwischen den geteilten Flossenhälften beschuppt. In ihrer Form erinnert die Caudale von hinten gesehen an einen Schmetterling oder eben an einen radschlagenden Pfau.
Auffallend ist die Färbung des Jikin: Idealerweise sind die Tiere bis auf die orangeroten Flossen, Kiemendeckel und Maulspitze schneeweiß und heißen (in Japan) dann Rokurin. Eine solche Färbung ist in ihrer idealen Ausprägung nicht durch Zucht zu erreichen, weswegen fehlerfreie Fische fast immer dadurch zustande kommen, daß die kleinen Flecken der dem Ideal nahekommenden Exemplare durch Manipulation (Einreiben mit Oxalsäure oder anderen organischen Säuren sowie Ausreißen farbiger Schuppen) beseitigt werden (Über diese Praxis berichten übereinstimmend und wohl auch aus eigener Kenntnis Matsui & Axelrod, 1991, Pénzes & Tölg, 1993, Teichfischer, 1994, Bernhardt, 2001 und besonders ausführlich Matsui, 1971). Laut BAS werden in Japan, wo eine Bewertung der Fische durch Sicht von oben erfolgt, Rotfärbungen an der Unterseite der Fische toleriert. Exemplare mit mehreren oder größeren roten Flecken gelten zwar auch als Jikin, werden aber nicht so hoch bewertet.

Der Jikin ist eine japanische Zuchtform und entstand laut Teichfischer (1994) im 18. Jahrhundert aus einer Mutation des Wakin . Nach Bernhardt (2001) wird schon um 1610 von diesem Fisch berichtet; damals noch unter dem Namen Kojaku (Pfauenschwanz). Ab 1810 nannte man ihn dann Jikin. Matsui (1971) zufolge stammt das älteste japanische Dokument, welches den Pfauenschwanz erwähnt, aus dem Jahre 1748. In den Jahren 1789 bis 1800 sei gezielte Selektionszucht betrieben worden.
Sein Ursprungsgebiet liegt in der Gegend um Nagoya. Manchmal wird der Jikin auch Shachi genannt; nach den auf dem Dach des Schlosses von Nagoya angebrachten goldenen Fabelwesen (Matsui, 1971; Teichfischer, 1994 schreibt von „Dachaufsätzen“).

Dieser Fisch soll relativ robust und widerstandsfähig sein. Mehrere Autoren erwähnen den besonderen Schwimmstil des Jikin, ohne daß ich mir wirklich vorstellen kann, was genau die Besonderheit des Schwimmens ausmacht.
Persönliche Bemerkung: Ich habe solch einen Fisch noch nie gesehen. Aus diesem Grund kann ich den besonderen Schwimmstil nicht beurteilen. Die Manipulationen, die zwecks Erzielen der idealen Färbung eingesetzt werden, sind aus tierschützerischer Sicht unbedingt abzulehnen.

Die Nymphe

(engl.: Nymph)

Abb. 2: Nymphe -- nymph.jpg (6 kB)

Abb. 2: Nymphe. Hier ein Tier mit eingebuchteter Schwanz­flosse. Bei „echten“ chinesischen Nymphen hat die Caudale einen geraden Hinterrand.

Katalogbild der Three Springs Fisheries (1932)

Beschreibung: Nymphen sind den „Schleierschwänzen“ (s. vorige Seite) sehr ähnlich; sie haben einen runden Körperbau und lange Flossen ähnlich dem + Veiltail oder + Ryukin. Die Schwanzflosse ist jedoch nicht geteilt, sondern nur einfach. Nichtsdestotrotz ist diese Caudale sehr großflächig. Nach chinesischen Vorgaben sollte diese eine Schwanzflosse groß und nicht eingebuchtet sein. Da die Nymphe jedoch oft bei der Zucht von Ryukins und anderen Schleierschwänzen auftritt, entsprechen viele Tiere nicht diesem Standard. Im deutschen Handel sehr selten zu finden, wird meines Wissens nach in Europa nicht gezielt gezüchtet / importiert / angeboten. Wohl aber tritt sie bei der Zucht von Ryukins und anderen „Schleierschwänzen“ gelegentlich auf.

Über Besonderheiten in der Haltung liegen mir keine Informationen vor. Vermutlich wird diese Spielart wie andere Hochzuchtformen wärmebedürftiger sein als die gestreckten einfachschwänzigen Goldfische. Auch die Fütterung sollte aufgrund der gestauchten Körperform sorgfältiger erfolgen (vgl. Haltung II: Ernährung und Fütterung).
Persönliche Bemerkung: Die Kombination aus dickem Körper und großer aber einfacher Caudale trifft nicht meinen Geschmack. Keineswegs möchte ich sie aber kritisieren. Einige Goldfischfreunde haben ihre Freude daran.

Der Zitronenfisch

Abb. 3: Zitronenfische -- zitron.jpg (9 kB)

Abb. 3: Die Zitronenfische. Auffallend an diesen Zeich­nungen ist, daß die Fische alle eine sehr lang angesetzte After­flosse und stark nach vorne gerückte Bauch­flossen haben. Goldfisch­untypisch.

„Skizzen nach der Natur“ von Schreitmüller (1927)

Beschreibung: Charakteristisches und namengebendes Merkmal der Zitronenfische ist ihre leuchtend gelbe metallisch glänzende Farbe. Ansonsten sollen sie sehr mutationsfreudig sein und in verschiedenen Körper- und Flossenformen vorkommen (s. Abb. 3). Die Augen sind dunkel pigmentiert.

Diese „Zuchtform“ (var. citrina) wurde von Schreitmüller (1927) beschrieben, der im Laufe des Jahres 1927 Hunderte von Fischen dieser Form zu beobachten Gelegenheit gehabt hatte. Dabei fiel ihm auf, daß er unter tausenden von typischen (roten) Goldfischen derartig stark auftretende Flossenveränderungen nur in geringer Anzahl beobachten konnte. Teleskopaugen hat er bei den Zitronenfischen nur ein einziges Mal gefunden; der entsprechende Fisch habe normale Form und Flossen gehabt. Die Variationsbreite habe auch relativ viele Krüppel aufgewiesen, die z. B. Rückenflossen mit nur 2 bis 3 Strahlen gehabt haben. Irgendwie liest sich dieser Bericht für mich wie eine Beschreibung züchterischen Ausschusses, der allerlei Variationen und Merkmalsausprägungen zeigt; irritierend ist die zitronengelbe Färbung, die fast ausschließlich bei diesen Fischen aufgetreten sei, während rote Goldfische überwiegend normal geformt gewesen seien. Herkunft dieser Spielart sei Italien, wo sie erstmalig gezüchtet und in den Handel gebracht worden sei. Inzwischen werde sie auch in deutschen Freilandteichen gezüchtet.
Was in Schreitmüllers Beschreibung und dem Zusatz von W. Jürgens (der Wert auf die — dummerweise falsche — Feststellung legt, daß dies wohl die erste außerhalb Chinas entstandene Variation sei) fehlt, ist der Hinweis, daß Gelb in China die Farbe des (göttlichen) Kaisers war; deshalb wurde in China nicht einmal der Versuch unternommen, gelbe Goldfische zu züchten (es wäre vermessen gewesen).

Haltung und Pflege des Zitronenfisches sei dieselbe wie beim gewöhnlichen Goldfisch: er sei anspruchslos und genügsam.
Persönliche Bemerkung: Schreitmüllers Bericht hinterläßt in meinem Kopf ein einziges großes Fragezeichen. Was ist aus diesen Fischen geworden? Wo findet man weitere zeitgenössische Berichte darüber?

Der Meteor

Beschreibung: Der Körper ist ist leicht eiförmig, dick und rund wie ein „Schleierschwanz“. Charakteristisches Merkmal ist die fehlende Schwanzflosse dieses Fisches. Als Ausgleich sind die anderen Flossen, insbesondere die Rücken- und die Afterflosse, stark ausgebildet.
Zu möglichen oder erwünschten Farben habe ich keinerlei Informationen; aufgrund des Mangels an farbigen Abbildungen ist mir diesbezüglich keinerlei Angabe möglich. Die Eigenheit der fehlenden Schwanzflosse ist in den wenigen eher erwähnenden Schilderungen dieser Spielart der einzig konkrete Anhaltspunkt; eine detailierte Beschreibung kann ich daher nicht liefern.

Der Meteor ist vermutlich eine chinesische Zuchtform. Schwanzstiel und -flosse sollen nicht abgeschnitten sondern tatsächlich nicht vorhanden sein (also Zucht/Mutation, nicht tierquälerische Manipulation des Fisches). Es erscheint mir allerdings ungewiß, ob diese Form tatsächlich existiert; eine Photographie davon habe ich bisher noch nicht zu Gesicht bekommen; weder in der Literatur noch im zeigefreudigen Internet. Bei Innes (1917), Hervey & Hems (1948) und Teichfischer (1994) findet man jeweils eine Zeichnung dieses Fisches. Bis auf die links vorgestellte Zeichnung in Innes (Abb. 4) sind die Flossen abgerundet und kürzer dargestellt. Aufgrund der textlichen Eigenheiten vermute ich stark, daß Hervey & Hems ihre Informationen aus Innes bezogen haben; bei Teichfischer vermute ich Hervey & Hems als Quelle … Bernhardt (2001) zeigt und erwähnt den Meteor nicht; der Autor auf Externe Website Bristol Aquarist's Society (BAS) bezweifelt ebenfalls die Existenz dieser Zuchtform.

Über Ansprüche und Lebenstauglichkeit dieser Form habe ich keine Informationen; laut Innes (und Hervey & Hems) soll er sogar elegant durchs Wasser gleiten.
Eine persönliche Bemerkung soll hier aus verständlichen Gründen 'mal entfallen. Ich möchte ungern über mögliche Eigenarten einer evtl. gar nicht vorhandenen Varietät spekulieren.

Schläfer

Diese Goldfische, die sich meist reglos auf dem Boden aufhielten, sind seit 1772 ausgestorben, und den chinesischen Züchtern ist es nicht gelungen, sie neu zu züchten.

(Pénzes & Tölg, 1993)

Die Geschichte von den „Schläfern“ ist älter als dieser kurze Bericht; sie stammt aus dem kaiserlichen China des 18. Jahrhunderts, und mehrere Autoren haben sich davon beirren lassen.
Nach Hervey & Hems (1948) handelte es lediglich um einen Stamm mit Schwimm­blasen­defek­ten. Warum nun diese Legende entstand, ob es bewußte Täuschung oder Unwissenheit war, bleibt derzeit im Dunkel der Geschichte.


[Valid HTML 4.01!][Valid CSS!]
http://goldfische.carassius-auratus.info/sonstige.htm
http://goldfische.kaltwasseraquaristik.de/sonstige.htm

Letzte Überarbeitung dieses Dokuments: 26. Juni 2006
Alle Rechte vorbehalten.  ©  N.M.  2001—2006